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Interview mit Josef Schaukowitsch: SobIT ist Innovationsführer!

Josef Schaukowitsch

Foto: SobIT GmbH

Josef Schaukowitsch, stellvertretender Geschäftsführer der Wiener Sozialdienste, war einer der Initiatoren der Gründung der SobIT im Jahr 2012. Im Interview erörtert er die Gründe für die Auslagerung der IT-Dienstleistungen und spricht über Synergieeffekte in der Sozialwirtschaft sowie die zukünftigen Herausforderungen für das junge IT-Unternehmen.

 

 

 

Die IT-Tochter der Wiener Sozialdienste, die SobIT, gibt es nun seit über eineinhalb Jahren. Wie gestaltet sich Ihr Resümee, sind sie mit den Entwicklungen zufrieden?

Grundsätzlich bin ich sehr zufrieden. Die letzten eineinhalb Jahre haben gezeigt, dass die Trennung von sozialen Aufgaben von denen einer betreuenden Organisation, die im Hintergrund für die IT-Infrastruktur verantwortlich ist, die richtige Entscheidung war.

Wie hat sich die Rolle der IT bei den Wiener Sozialdiensten in den letzten Jahren gewandelt?

Die Rolle hat sich naturgemäß ganz stark gewandelt. Dazu muss man sich die Historie unserer IT ansehen. Die Wiener Sozialdienste sind erst relativ spät auf PC-Systeme umgestiegen, die interne IT-Abteilung hat dabei quasi auf Zuruf agiert. Es hat Bereiche gegeben, die schon früher auf IT-Dienstleistungen auf Basis von PC-Lösungen gesetzt haben, andere wiederum nicht. Das Ganze war allerdings zu wenig zentralkoordiniert. Es kam eher zu Insellösungen, erst später dachte man über einen IT-Gesamtverbund nach. Das war die Entwicklung in den 90er Jahren. Seit 2000 nahm der Bedarf an IT-Dienstleistungen stetig zu und es wurde immer mehr unterteilt zwischen Infrastruktur- und Software-Dienstleistungen. Im Juli 2012 wurde schließlich die SobIT gegründet.

Warum hat man die IT-Dienstleistungen ausgelagert? Besteht dadurch für die Wiener Sozialdienste nicht ein wenig die Gefahr den Know-how-Vorsprung zu verlieren, wenn eigens entwickelte Programme auch dem Mitbewerb zur Verfügung stehen?

Ich denke, dass erst durch die Auslagerung in ein junges nicht gemeinnütziges Start-Up Unternehmen diese Aufgabe für junge Informatiker interessant wurde und diese sich bewerben. Auch können beispielweise neue Projekte von mehreren sozialen Organisationen gemeinsam finanziert und mit SobIT entwickelt werden. Ich gebe ein einfaches Beispiel: Ein notwendiges Software-Produkt geteilt durch 400 Anwender kostet mehr als eins geteilt durch 1500 Anwender. Mit anderen Worten: Ich sehe das nicht als Know-how-Verlust, sondern als Synergie-Möglichkeit für die Sozialwirtschaft, weil die Bedürfnisse anderer sozialwirtschaftlichen Organisationen ähnlich wie die der Wiener Sozialdienste sind.

Welche wesentlichen Vorteile bietet ein aus der Sozialwirtschaft entstandenes Unternehmen gegenüber Industrieanbietern?

Wir mussten schmerzlich zu Kenntnis nehmen, dass die Versuche der Industrie ihre Lösungen an unsere Bedürfnisse anzupassen, in die falsche Richtung gegangen sind. Unsere Anforderungen unterscheiden sich grundlegend von denen der Privatwirtschaft. Deshalb war es notwendig, dass unser Know-how in quasi originär entwickelte Systeme eingebaut werden musste. Aus der vorhandenen Erfahrung war eine zielgerichtete Lösung leichter zu entwickeln, als umgekehrt eine Adaption aus der Privatwirtschaft. Wir haben schon sehr früh auf eigene Entwicklungen gesetzt und tolle Services, vor allem im mobilen Pflegebereich, entwickelt.

Welche Risiken ergeben sich durch den Einsatz von Informationstechnik im Sozialwesen? Die Daten sind ja gerade in dieser Branche sehr sensibel, die Anforderungen an den Datenschutz sind extrem hoch. Wie entgegnet man dieser schwierigen Herausforderung?

Das ist eine ganz schwierige Frage. Ich würde das so beantworten: Auch auf Papier habe ich das gleiche Problem. Die Zeit der Karteikarten ist vorbei. Wir haben jährlich über eine Million Leistungsstunden bei Kunden und Kundinnen. Deren Daten sind äußerst sensibel zu behandeln und deren Missbrauch muss eindeutig verhindert werden. Das heißt, wir müssen von vornherein auf Schutzmechanismen und Transparenz Wert legen, die einen Missbrauch unterbinden. Das geht über Informationstechnik aber noch immer leichter als mit einer isolierten Zettelwirtschaft. Von dieser Warte aus sieht man, dass man zentral gesteuerte Datenbanken braucht, die entsprechend verschlüsselt und gesichert sind und entsprechende Stresstests überstehen müssen. Ich glaube, das ist die einzige Möglichkeit, dass man dieser Herausforderung gerecht werden kann.

Wo sehen Sie die Herausforderungen der nächsten Jahre? Was erwarten Sie sich in Zukunft von der SobIT, welche Rolle kann sie in der Sozialbranche einnehmen?

Ich hoffe doch eine sehr wichtige. SobIT ist in der Sozialwirtschaft, das behaupte ich einmal, so etwas wie ein Innovationsführer. Das Produkt UPI wird von der Sozialwirtschaft in Österreich als Topprodukt eingestuft. Ein Argument für die Gründung der SobIT war auch, dass nicht nur neue IT-Lösungen gemeinsam mit anderen Trägerorganisationen entwickelt, sondern diese Assets auch weiterverkauft werden sollen. Dadurch ergeben sich wiederum neue Möglichkeiten, um qualitätsvoll unsere Produkte weiter- oder neue Lösungen entwickeln zu können. Ich sehe die Herausforderung vor allem darin, diesem hohen Qualitätsanspruch weiterhin gerecht zu werden. Das schafft man allerdings nur mit einer motivierten Mannschaft. Mit sehr guten Programmierern, Systemanalytikern und anderen Mitarbeitern, denen man die Arbeit für die Sozialwirtschaft erst schmackhaft machen muss. Auch das sehe ich als Herausforderung für die SobIT.

Vielen Dank für das Gespräch!

Josef Schaukowitsch

Foto: Wiener Sozialdienste

JOSEF SCHAUKOWITSCH
Der studierte Betriebswirt ist seit 1997 für die Wiener Sozialdienste tätig und seit 2010 als stellvertretender Geschäftsführer für alle operativen Agenden zuständig. Von 2003 bis 2010 war er Leiter des sozialökonomischen Betriebs Wiener Sozialdienste Team Idee-SÖB GmbH, der sich für Beschäftigungsmöglichkeiten für langzeitarbeitslose Personen in den Bereichen Malerei, Tischlerei und Schlosserei einsetzt. Im Juli 2012 wurde unter seiner Mitwirkung die SobIT GmbH gegründet, die sämtliche IT-Dienstleistungen der Wiener Sozialdienste und aller Tochterfirmen durchführt.
Updated: April 27, 2015 — 14:23
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